Die jüngste Ausgabe der Frankfurter Student_innenzeitschrift diskus versammelt Beiträge zu Begriff und Sache der Ohnmacht. Sie trifft damit genau – ins Herz der Gegenwart. Mein Beitrag nimmt noch einmal die „Politik in erster Person“ zum Ausgang, als eine Kunst der freiwilligen Unknechtschaft. Deren Unumgänglichkeit resultiert aus dem zentralen Dilemma, damit aber aus der ersten Herausforderung der Linken: logisch auf die universelle Emanzipation aller verpflichtet, empirisch aber immer wieder neu dem Zweifel an der Möglichkeit einer solchen Emanzipation ausgesetzt zu sein. Wenn ich meinen Text hier zugänglich mache, verbinde ich das ausdrücklich mit der Aufforderung, sich auch die anderen Beiträge dieses gelungenen Hefts nicht entgehen zu lassen! Mitgewirkt haben u.a. Alex Struwe, Thomas Ebermann, Hannah Hecker/Helge Petersen, Anastassija Kostan sowie die Gruppen SurplusClub Frankfurt und Keine Privatangelegenheit. Mir half beim Schreiben die Erinnerung an den ersten Text meines politischen Philosophierens – einem Artikel zu den Situationist*innen, der ebenfalls im diskus erschien: 1991. (Kürzer) „Trotzdem“ weiterlesen
Am 26. Januar lud attac Karlsruhe zu seinem mittlerweile bereits 13. Kongress ins Kulturzentrum Tollhaus. 260 Teilnehmer*innen diskutierten vier Vorträge, die der akuten Brutalisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse Perspektiven einer solidarischen Existenz- und Lebensweise entgegensetzten.
Einer psychosozialen Bestandsaufnahme der Gegenwart (Georg Rammer) folgte der Entwurf eines der Permanenz sozialer Konflikte einzuschreibenden „Neuen Gesellschaftsvertrags” (Jörg Reitzig), der dann an den Ausstieg aus der „imperialen Lebensweise” (Uli Brand) geknüpft wurde. Für mich eine willkommene Gelegenheit, die freiwillige Knechtschaft als das existenziale Geheimnis dieser Lebensweise und ihrer fortschreitenden Brutalisierung zu dechiffrieren.Die Intensität der Debatte resultierte auch aus der mittlerweile beeindruckend langen Geschichte der Karlsruher attac-Kongresse: merci dafür! „Existenzökologie: Wie machen wir der Geschichte ein Subjekt?“ weiterlesen
Im September 2018 feierte das Institut für Theologie und Politik (ITP) in Münster das 25. Jubiläum seiner Gründung. Es ist kein Zufall, sondern innerste Konsequenz seiner Politischen Theologie, zu diesem Anlass nach der kommenden Revolution zu fragen. Dass die Genoss*innen mich um den Eröffnungsvortrag baten, war dann aber ebenfalls kein Zufall: kommen Politische Theologie und Politische Philosophie doch in der Unbeugsamkeit zusammen, mit der sie sich dem Aberglauben vom „Ende der Geschichte“ und dem Götzendienst einer Welt verweigern, die ihre Transzendenz verleugnet. (Lang) „Für eine Theorie der kommenden Revolution“ weiterlesen
… heißt, sich einen Sinn für die Freiheit zu schaffen
Dieses Interview erschien im Juli 2018 philosophischen Wirtschaftsmagazin Agora 42 und kann als kurze Einführung in den politischen Existenzialismus gelesen werden:
Wenn‘s um Kollektive gehen soll, geh‘ ich mit 68 auf Marx zurück: es müssten Kollektive sein, die alle Kollektive auflösen.
Im Juni 2018 befragte mich David Doell für das Magazin NON zum Geist des Mai 68 und zur Politik in erster Person als Grundlage einer klassenlosen Gesellschaft: „Nicht, dass das gänzlich verloren gegangen wäre, im Gegenteil. Unabgegolten aber bleibt, dass aus all‘ dem eine neue Welt werden sollte. Dass es dazu nicht kam, wirkte dann auch auf das zurück, was man erreicht hat.“ (kurz) „Geist von 68“ weiterlesen
Nennen wir das Problem beim Namen. Es heißt nicht Migration. Es heißt Rassismus.
Im Juni 2018, inmitten einer rassistischen Kampagne zugleich von oben und von unten, veröffentlichten medico international, das Institut Solidarische Moderne und das Netzwerk Kritische Migrations- und Grenzregimeforschung einen gemeinsamen Aufruf, der zugleich der rassistischen Kampagne und der – zurückhaltend formuliert – Verunsicherung vieler Linker entgegentrat. Binnen weniger Tage wurde dieser Aufruf von über 16.000 Menschen unterzeichnet: eine Anzeige dafür, auf wen Verlass ist – und auf wen nicht. Denn die entschiedenste Kritik wurde diesem Aufruf – aus der Linken zuteil. Zeit der Monster. (Kurz) „Solidarität statt Heimat“ weiterlesen
Karl Marx‘ Verbindlichkeit beruht auf dem, was man – analog zum Umgang mit Friedrich Nietzsche und Friedrich Hölderlin – seinen „Fall“ nennen könnte. Der „Fall Marx“ liegt in der Radikalität, mit der er Theorie und Praxis in einem politischen Philosophieren zusammengeführt hat, das er „kommunistisch“ genannt und an die „wirkliche Bewegung“ verwiesen hat, „welche den jetzigen Zustand aufhebt“. Ich frage nach der Bewegung, in der wir den „Fall Marx“ heute zu unserem eigenen machen können. Erschienen in der vierten Ausgabe der politisch-philosophischen Zeitschrift Narthex, Frühjahr 2018. (Länger) „Der ‚Fall Marx‘“ weiterlesen
Im November 2017 fand in Wien die Konferenz „Dialektik der Befreiung“ statt. Als Kuratoren knüpften Walter Famler, Karl-Heinz Dellwo und ich an den gleichnamigen Kongress an, den die Antipsychiater Ronald D. Laing und David Cooper 1967 in London organisiert hatten. Im Rahmen des Formats „Kanzelreden“ führten Isabelle Lorey und ich in eine Dialektik der Prekarisierung ein. Eine Videodokumentation beider Kanzelreden findet sich auf youtube. (Länger) „Kanzelrede zur Ökologie der Existenz“ weiterlesen
wo wir stehen wer wir sind und worum es in der geschichte eigentlich geht.
Am 29. November 2017 lud mich die Gruppe Nitribitt – Frankfurter Ökonomien zur Vorstellung der „Ökologie der Existenz“ in das Hausprojekt Nika in der Niddastraße ein: „Thomas Seibert hat ein Krisenbuch geschrieben. Welche Krise? Viele Krisen. Everything is not okay. Wir sind die Proletarisierten eines Kapitals, das längst nicht mehr nur die Arbeit, sondern unser ganzes Existieren, unsere Ökologie in seinen Wachstumswahn zwingt. Wer sich daraus zur Freiheit befreien will, wird die Reformation der Lebensweisen fortführen müssen, deren bislang letztes Abenteuer der Mai 1968 war.“ Variationen des Vortrags habe ich mittlerweile auch anderswo präsentiert: weitere Gelegenheiten lassen sich finden…„Einführung in die Ökologie der Existenz“ weiterlesen